Das Nokia 7600 war eines der ersten UMTS-Handys (Foto: Nokia)
Das Nokia 7600 war eines der ersten UMTS-Handys (Foto: Nokia)

Abschied vom UMTS-Netz

Ich glaube, ich darf mich mit Fug und Recht als Pionier bei der mobilen Internet-Nutzung bezeichnen. Schon Ende der 90er Jahre war ich im T-Mobil-Netz mit 9,6 kBit/s online. Als Modem diente ein Ericsson-Handy, das ich mit meinem damals verwendeten Windows-Notebook verbunden hatte.

Die erste Nutzung – vornehmlich zum E-Mail-Abruf – war dann auch gleich ein „Kulturschock“. Man, war das langsam. Auch im Festnetz hatte ich damals „nur“ ISDN zur Verfügung – DSL kam erst später -, aber dennoch war das Internet im Festnetz ernsthaft nutzbar, mobil… na ja…

Wirklich besser wurde das erst, als 2004 die ersten UMTS-Netze in Deutschland starteten. 384 kBit/s, wow, das war aus damaliger Sicht ein Quantensprung. Nun war das Internet – zumindest technisch – auch mobil nutzbar. Über die Tarife, die damals aufgerufen wurden, sprechen wir besser nicht.

Netzausbau enttäuschend

Was mich im Laufe der Jahre zuerst enttäuscht, später auch regelrecht frustriert hat: In meine Heimat im hessischen Spessart haben es die UMTS-Netze nie geschafft. Wir waren damals im „Tal der Ahnungslosen“, im GPRS- oder bestenfalls im EDGE-Ghetto gefangen.

T-Mobile gab sich immerhin Mühe und auch Vodafone legte im Laufe der Zeit einen ganz ordentlichen Ausbau hin. E-Plus schaffte mit seinen „Ultra High Sites“ zwar viel Coverage. Mit der Indoor-Versorgung und mit der Kapazität sah es wiederum nicht ganz so gut aus.

o2 startete spät, baute in den Ballungszentren dichter als E-Plus aus, war dort auf Augenhöhe mit den „D-Netzen“. Dafür haben die Münchner den 3G-Ausbau auf dem Land schlicht verschlafen (bzw. vermutlich aus Kostengründen abgebrochen). Dadurch war das Netz schlicht unbrauchbar, wenn man neben der Telefonie auch mobile Daten nutzen wollte.

LTE brachte den Durchbruch

Wirklich gut wurde der mobile Internet-Zugang erst mit der LTE-Einführung. Das lag nicht nur an noch höheren Datenübertragungsraten (hier holte UMTS mit HSPA ebenfalls noch einiges heraus). Auch der Netzausbau war und ist deutlich besser.

Den Netzbetreibern spielte der Frequenzbereich um 800 MHz, der früher für terrestrisches Fernsehen genutzt wurde, in die Hände. Hier sind die Ausbreitungsbedingungen deutlich besser als im 2100-MHz-Band, das in Deutschland für UMTS verwendet wurde.

Jetzt wurden die Netze auch auf dem Land ausgebaut. Schnell wurde der 3G-Ausbau überholt. UMTS wurde überflüssig. Kein Wunder also, dass sich die Netzbetreiber nun von diesem veralteten und wenig effizienten Standard trennen. Bei der Telekom ist heute Schluss, bei Vodafone im Laufe der kommenden Woche und bei Telefónica bis Ende des Jahres.

Darum kommt das UMTS-Aus zu früh

Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass die deutschen Netzbetreiber den gleichen Weg wie etwa Swisscom in der Schweiz gegangen wären: Die Swisscom hat das GSM-Netz abgeschaltet und behält dafür UMTS vorerst noch bei.

GSM mag für die Grundversorgung (Telefonie, SMS, M2M-Dienste) wichtig sein. Aber einerseits könnte man auch UMTS von 2100 MHz auf 900 MHz verlegen und eine bessere Netzabdeckung erreichen. Andererseits hat längst der LTE-Standard die Grundversorgung übernommen.

Smartwatches beherrschen aber das GSM-Netz (bis auf wenige Ausnahmen) nicht. Wenn VoLTE (aus welchem Grund auch immer) nicht funktioniert, sind nach der 3G-Abschaltung keine Telefonate mehr möglich.

Autos für 100.000 Euro plötzlich offline

Ältere Autos verfügen über eine UMTS-Internet-Anbindung, nicht aber über LTE oder gar 5G. Mit dem 3G-Aus müssen die Fahrer auf Datendienste weitgehend verzichten. Das sind keine rosigen Aussichten, wenn man für das Fahrzeug fast eine sechsstellige Euro-Summe bezahlt hat (ein solcher Fall ist mir tatsächlich bekannt).

Ich persönlich kann mit der UMTS-Abschaltung gut leben. Seit die LTE-Netze fast flächendeckend ausgebaut sind, war ich kaum noch in 3G eingebucht. Lediglich auf Autofahrten kam das hin und wieder vor. Dann „klebte“ das jeweilige Handy aber teilweise für längere Zeit im UMTS-Netz fest, bevor es wieder ins LTE-Netz zurückfand.

Bleibt zu hoffen, dass man in solchen Gegenden nicht künftig auf GPRS oder EDGE zurückfällt. Streams würden dann nämlich abreißen, während diese über UMTS in der Regel zuverlässig weiterlaufen.