Funkanalyse Bayern veröffentlicht (Foto: BLM, Screenshot: SmartPhoneFan.de)
Foto: BLM, Screenshot: SmartPhoneFan.de

Funkanalyse Bayern: Gute Musikprogramme werden vom Hörer nicht honoriert

In dieser Woche wurde die alljährliche Funkanalyse Bayern veröffentlicht, die seit dem vergangenen Jahr auch die Reichweiten von Programmen ausweist, die terrestrisch ausschließlich über DAB+ senden. Die Ergebnisse waren zum Teil erfreulich für das terrestrische Digitalradio. So haben den Angaben zufolge mittlerweile 26,1 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahren in Bayern inzwischen Zugang zu einem DAB+-Empfangsgerät.

Die Verfügbarkeit eines Empfängers sagt natürlich noch nichts dazu aus, ob und wie der Verbreitungsweg auch wirklich genutzt wird. Doch immerhin hört an einem durchschnittlichen Werktag bereits 15,0 Prozent der Bevölke­rung Digitalradio über DAB+. Die Radionutzung via Internet liegt bei13,4 Prozent. DAB+ liegt demnach erstmals vor dem Webradio.

BR-Digitalwellen erfolgreich

Doch was hören die Leute im terrestrischen Digitalradio, wenn es nicht gerade das schon von UKW bekannte Programm des Bayerischen Rundfunks, Antenne Bayern oder der örtliche Lokalsender ist? Besonders erfolgreich sind die digitalen Angebote es Bayerischen Rundfunks. 12,6 Prozent aller Befragten hat die Volksmusikwelle BR Heimat schon einmal gehört, für das Schlagerradio Bayern Plus liegt der Wert bei 9,4 Prozent.

Die Tagesreichweiten sind freilich auch bei diesen Programmen verschwindend gering. BR Heimat kommt auf 1,2 Prozent, Bayern Plus auf 1,0 Prozent. Hier kann das bundesweit sendende Schlagerparadies mit ebenfalls 1,0 Prozent, das vor allem für Bayern Plus eine Konkurrenz sein könnte, sogar mithalten.

Private DAB+-Programme mit geringen Einschaltzahlen

Alle anderen terrestrisch ausschließlich über DAB+ sendenden Programme finden fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt – und das, obwohl hier echte Geheimtipps dabei sind. sunshine live schafft es immerhin auf 0,5 Prozent oder 58.000 Hörer gestern. Die bundesweite Softpop-Welle Absolut Relax erreicht nur eine Tagesreichweite von 0,4 Prozent. Das entspricht 45.000 Hörern. Auf fast den gleichen Wert schafft es Absolut Hot mit 40.000 täglichen Hörern.

Nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit senden das Bayreuther Kultradio (0,1 Prozent bzw. 14.000 Hörer gestern) und Schwarzwaldradio (0,1 Prozent bzw. 8.000 tägliche Hörer). Beide Stationen setzen auf Classic Hits – ein Format, das der bayerische Hörer offenbar eher auf Bayern 1 hört, das mit einer Tagesreichweite von 29,5 Prozent das meistgehörte Radioprogramm im Freistaat ist.

Bayern 1 hat das bessere Gesamtpaket

Bayern 1 hat fast ganztägig regelrechte Stars am Mikrofon, die Verpackung des Programms ist höchst professionell und die Hörer bekommen Nachrichten und Informationen aus aller Welt und aus ihrer Region. Dass die Musikrotation viel kleiner und langweiliger als vor allem bei Schwarzwaldradio ist, fällt offenbar weniger ins Gewicht.

Kultradio war für mich immer so eine Art „Radio Brenner des 21. Jahrhunderts“: Kleines, mittelständisches Unternehmen, das mit einem engagierten Team und gutem Musikprogramm den „Großen“ Paroli bieten will. Das wird in Zeiten lokaler Hit-Dudler oder von Spotify, YouTube & Co. aber offenbar anders als in den 80er Jahren nicht mehr honoriert. Dazu kommt ein geringer Bekanntheitsgrad, den der Sender durch Aktionen im Rahmen von Veranstaltungen vielleicht steigern könnte.

Schwarzwaldradio bezeichnet sich selbst als „Deutschlands größte Jukebox“ und hier ist der Name auch Programm. Die Musikrotation ist riesig, man erlebt als Hörer immer wieder Überraschungen und musikalische Perlen, die man auf anderen Stationen kaum hört, werden immer wieder ins Programm eingestreut. Dazu werden ganztägig immer wieder Musikwünsche der Hörer erfüllt.

Da fragt man sich doch, woran es liegt, dass der Sender so schlecht bei seinen potenziellen Hörern ankommt. Ist es der Name („was soll ich hier im Bayerischen Wald mit einem Schwarzwaldradio“), sind es vielleicht auch die Inhalte („Notizen aus dem Schwarzwald“ sind halt wirklich für die überregionalen Hörer nur mäßig interessant) oder ist auch hier der Bekanntheitsgrad schlicht zu klein?

Programme müssen für sich selbst werben

In den vergangenen Jahren wurde sehr viel in Werbung für DAB+ investiert. Die Verkaufszahlen für Empfänger zeugen zwar nicht davon, dass die Verbraucher den Elektronikmärkten die Bude einrennen, um möglichst schnell in allen Räumen und am besten auch im Auto ein DAB+-Radio zu haben. Doch wenn man sich den Stellenwert des Mediums Radio in der heutigen Zeit anschaut, dann sind die Verkaufszahlen durchaus in Ordnung.

Es scheint allerdings, dass der Hörer auch über DAB+ lieber sein „altbewährtes“ Programm hört, das er schon von der UKW-Skala kennt, statt neue Angebote zu nutzen. Vielleicht sollte es zusätzlich zu den bisherigen Werbeaktionen auch gezielte Kampagnen einzelner Programmveranstalter geben, die auf die inhaltlichen Perlen hinweisen, mit denen sich die Anbieter von den „herkömmlichen“ Radiostationen abheben.

Geht es mit den Einschaltquoten für die digitalen Sender nämlich so weiter, dann werden sich die Angebote auch in Zukunft kaum vermarkten lassen. Wenn ein landesweiter Sender weniger tägliche Hörer als ein Lokalradio in der Durchschnittsstunde hat, dann würde ich da als Werbekunden auch nur zuschlagen, wenn man mir die Spots geradezu hinterherwirft. Das wäre über kurz oder lang das Ende der neuen, innovativen Programme. Und das wiederum fände ich sehr schade, sind es doch gerade die Sender wie Kultradio und Schwarzwaldradio, Absolut Relax und sunshine live, Rock Antenne und Radio BOB!, Klassik Radio und Schlagerparadies, die den Mehrwert von DAB+ ausmachen.